Während Solar- und Windparks in Deutschland Höchstwerte liefern, reißt die Hitzewelle ein Loch ins europäische Stromnetz: Mehrere Atomkraftwerke in Frankreich und der Schweiz mussten ihre Leistung stark drosseln, weil das Kühlwasser über die zulässigen Grenzwerte gestiegen ist. An der Börse kletterte der Day-Ahead-Preis am Mittwochabend kurzfristig über 400 €/MWh – das höchste gleichzeitige Niveau in sechs Stromgebotszonen seit Einführung der Marktkupplung 2014. Für deutsche Haushalte mit stündlich indexierten Verträgen bedeutete das Spitzen von bis zu 76 ct/kWh.
Warum ausgerechnet Hitze den Preis treibt
- Golfech an der Garonne wurde komplett abgeschaltet, Blayais und Saint-Alban fuhren auf 40 % Leistung herunter.
- In der Schweiz halbierte Beznau II seine Produktion.
- Frankreich deckt rund 70 % seines Stroms mit Kernenergie; wenn sie ausfällt, greift das Land auf Importstrom zurück – häufig aus deutschen Gaskraftwerken.
Zeitgleich sprang die Klimaanlagennachfrage überall in Europa nach oben. Wind und Sonne reichten zwar mittags für einen Überfluss, doch in der Lastspitze am späten Nachmittag fehlten mehrere Gigawatt.
Dynamische Tarife unter Druck
Noch 2023 ein Nischenprodukt, haben laut Bundesnetzagentur mittlerweile 12 % der Haushalte einen dynamischen Vertrag – drei Mal so viele wie im Vorjahr. In ruhigen Wochen bringt das Vorteile: Mitte Juni rutschte der Spotpreis tagsüber sogar ins Minus. Doch wenn Reaktoren gleichzeitig vom Netz gehen und die Nachfrage steigt, wird die Flexibilität zur Kostenfalle – es sei denn, Verbraucher verschieben ihre Last konsequent.
Wer einen Smart Meter besitzt, kann mithilfe des Rechners für dynamische Stromtarife prüfen, wie stark sich Verbräuche in kühlere Nachtstunden oder windstarke Mittage verlagern lassen.
Drei Wege, die Preispeaks abzufedern
Ansatz | Effekt | So geht’s |
---|---|---|
Festpreistarif wählen | Schützt vollständig vor Stundenpeaks | Vergleich in 2 Minuten: Strompreisvergleich |
Last verschieben | Senkt Kosten bei dynamischen Tarifen um bis zu 30 % | Geräte-Timer, E-Auto nachts laden, Klimagerät mit Mittagssolar kühlen |
Eigenstrom erhöhen | Dämpft jede kWh zum Börsenpreis | Mini-PV fürs Balkonkraftwerk: Förderübersicht im Balkon-Ratgeber |
Modellrechnungen des Fraunhofer-ISE zeigen zudem: Würden alle deutschen Haushalte ab 2030 einen 5-kWh-Heimspeicher betreiben, könnten bis zu 12 GW Lastspitzen abgeflacht werden – mehr, als die derzeit stillgelegten französischen Reaktoren liefern. Das unterstreicht, wie eng Wetter, europäischer Handel und private Flexibilität künftig verflochten sind.